Melden ist geil!
Gut, dass es eine Zivilgesellschaft gibt, die mit Meldeportalen Ungeheuerliches aufzeigt – etwa eine antifeministische, rassistische und NS-verharmlosende Lesung zweier bekannter Publizisten und Achgut-Autoren.
Als ich Anfang der achtziger Jahre meinen Wehrdienst ableistete, lernte ich gleich zu Beginn einen der wichtigsten militärischen Grundsätze: Melden macht frei. Der Spruch beschreibt eine simple, aber effiziente Taktik zur Risikoverlagerung. Statt selbstständig ein Problem zu lösen oder überhaupt eine Entscheidung zu treffen, berichtet der Soldat nach oben. Wenn der Vorgesetzte dann entscheidet oder auch nur vom Vorgang weiß, hat er den Schwarzen Peter, falls etwas schiefgeht.
Später erkannte ich, dass weite Teile jeglichen administrativen Handelns nach diesem Prinzip funktionieren. Es ist sozusagen die Rache des kleinen Mannes im bürokratischen Getriebe, ein Gegengewicht im Machtgefälle. Chefs delegieren Arbeit nach unten, Untergebene schieben Verantwortlichkeit nach oben.
Eine andere Klasse des Meldens ist das #Anschwärzen, #Denunzieren und #Diffamieren. Hierbei handelt es sich nicht um ein #Melden zum Selbstschutz, sondern um Melden aus Leidenschaft. Das unausgesprochene Motto: Melden ist geil. Diese Art des Meldens erfuhr in den Jahren der Killerseuche ein bemerkenswertes Revival. Es handelt sich dabei um eine deviante Form der Autoerotik, praktiziert von Menschen mit speziellen Charaktereigenschaften, dem sogenannten #Blockwart-Typus.