„Wer einen Freedom Day will, braucht die Impfpflicht“
„ #Impfpflicht: Wer einen #Freedom Day will, braucht die Impfpflicht
Die #Freiheit der Vielen muss beschnitten werden, weil sich wenige verweigern: Liberal ist das nicht. Warum gerade Freiheitsliebende für die Impfpflicht eintreten müssten. [...]
Ich sag's ungern: Ich bin für eine #Covid-Impfpflicht. Ungern deshalb, weil ich ein #Liberaler bin. Dieselbe Haltung, die mich für ein Recht auf Rausch eintreten lässt, so schädlich Alkohol, Nikotin und andere Drogen gesundheitlich und volkswirtschaftlich sein mögen, lässt mich vor der staatlichen Verordnung eines medizinischen Eingriffs zurückschrecken. Denn die Impfung – nicht der #Piks, sondern das, was danach im Körper geschieht, ist natürlich ein medizinischer Eingriff.
Gerade aus meinem Liberalismus heraus sehe ich jedoch inzwischen nicht ein, dass eine Minderheit von etwa 25 Prozent der Erwachsenen die Mehrheit – und den Staat – zwingen darf, weiterhin Maßnahmen zu ergreifen, die bei einer weithin erreichten Herdenimmunität nicht nötig wären.
Maßnahmen übrigens, wie die Maskenpflicht, gegen die jene 25 Prozent dann am lautesten schreien und die sie oft genug – ich bin Nutzer der öffentlichen Verkehrsmittel – demonstrativ nicht einhalten, wohl in der Hoffnung, irgendjemand werde sie zur Rede stellen und ihnen Gelegenheit geben, wieder einmal von Apartheid und Faschismus, Oberlehrern und Blockwarten und so weiter zu schwadronieren und sich als Opfer zu fühlen.
Zur Impfpflicht genudget
Es ist die Rücksicht auf die Ungeimpften, die den Staat zu Maßnahmen wie Schulschließungen bewegt, die gerade Kindern aus bildungsfernen Familien das Grundversprechen einer liberalen Gesellschaft – Aufstieg durch Bildung – verweigern. Zu Maßnahmen wie dem Verbot von Feiern in Parks und dergleichen, die jungen Leuten ihre Jugend rauben; oder vom Böllern zu Silvester, die arg nach Moralinsäure riechen. [...]
Mit einem Widerstand dieser Größenordnung hatte ich nicht gerechnet. Den Unwillen gegen Kontaktverbote, Schulschließungen, Masken und dergleichen konnte ich halbwegs nachvollziehen, aber Impfung war doch die Lösung.
Mit Fakten allein hat es nicht geklappt
Nun bin ich kein Anhänger der Maxime: "Wer nicht hören will, muss fühlen." Und selbst wenn ich es wäre: Die Ungeimpften fühlen ja die Folgen ihrer Verweigerung. Ein Großteil der Patientinnen auf den Intensivstationen und der Todesopfer sind Ungeimpfte. Man könnte also sagen: Bitte sehr, jede hat das Recht, sich selbst zu gefährden.
Gewiss, sagt man, aber niemand hat das Recht, andere zu gefährden. Das stimmt, aber wenn etwa bei einer 3G-Veranstaltung ungetestete Geimpfte und getestete Ungeimpfte zusammenkommen, sind die Ungeimpften die Gefährdeten. Geimpfte können symptomfrei Viren übertragen; sie können zwar auch erkranken, in der Regel aber ist der Krankheitsverlauf nicht so schwer. Die Ungeimpften werden krank, müssen ins Krankenhaus, müssen intubiert werden, belegen Intensivbetten, die für andere Patientinnen fehlen.
Operationen werden verschoben. Das Personal arbeitet am Limit. Wer weiß, wie viele Leben das kostet, wie viel Leiden dadurch verursacht werden? Von den zusätzlichen Kosten und der Überarbeitung des Personals ganz zu schweigen.
Die Argumente sind aber auch alle bekannt und sie scheinen keinerlei Einfluss auf die Impfgegnerinnen zu haben. Zu meinem Erstaunen gehören dazu auch Freunde und Verwandte: der Softwareentwickler in Kreuzberg, die Lehrerin in Reinickendorf, der Drummer in Steglitz, großstädtisch-aufgeklärte Menschen, die scheinbar aus dem Nichts heraus ein grundlegendes Misstrauen gegen den Staat, die Pharmaindustrie, die Wissenschaft und die evidenzbasierte Medizin entwickeln.
Das ist nicht liberal. Liberale wollen zwar möglichst wenig Staat. Aber nur wenn und weil die Individuen und die Zivilgesellschaft es besser machen können. [...] "
Alan #Posener
Britisch-deutscher #Journalist und Autor
ZEIT online, 18.11.2021
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2021-11/impfpflicht-corona-liberalismus-plaedoyer-staat/komplettansicht
Impfpflicht: Wer einen Freedom Day will, braucht die Impfpflicht
Die Freiheit der Vielen muss beschnitten werden, weil sich wenige verweigern: Liberal ist das nicht. Warum gerade Freiheitsliebende für die Impfpflicht eintreten müssten.Alan Posener (ZEIT ONLINE)
benedict16b mag das.
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